Ornamental crime scene

Mit seinen breiten Verarbeitungsmöglichkeiten findet Bambus in vielen Bereichen Anwendung, gilt es aber auch für Kunst?
 
Um dieses Thema zu erforschen, wurde mein Projekt über Bambus ausgewählt als Teil eines „Artist in Residency-Programm“ in Treasure Hill Taipei Artist Village. Der Gegenstand meiner Mission war die sowohl handwerkliche als auch künstlerische Möglichkeiten und Beziehungen der Bambusverarbeitung zu entdecken.
 
Wie könnte man gleichzeitig dem Bambushandwerk seinen Tribut zollen und die Nützlichkeit von Bambus für ganze Menschenkulturen schätzen? Nach monatelangen Recherchen der nicht nur traditionellen, sondern auch zeitgenössischen Verarbeitungsmethoden kam die ortspezifische Ausstellung „Ornamental crime scene“ auf die Welt (zur Welt bringen). Genau Bambus in der zeitgenössischen Kunst zu verwenden, ohne seinen ursprünglichen praktischen Zweck außer Betracht zu lassen, war das Ziel dieser Ausstellung.
 
Lass die Muster reden!
 
Zum Schaffen des Tuschenlabyrinths ließ ich mich vom Besuch des „Nantou Bamboo Museums“ und dem Aufenthalt im „National Taiwan Craft Research and Development Institute“ inspirieren. Hier habe ich mich für die Möglichkeiten der Bambusflechttechniken begeistert, die für die Herstellung von Behälter oder Körbe aller Art benutzt wurden.
 Im Vergleich zu anderen Dekorierungsarten hängen in diesem Fall das Ornament als auch die Behälterwand voneinander ab. Infolgedessen geht es hier nicht nur um die Dekoration, sondern auch um die Form des Musters, was uns ermöglicht zu spekulieren, inwieweit der Körper des Behälters und seine nur ästhetische Anfertigung abgegrenzt sind. Um dieses Ziel zu erreichen und so einen Twist zu machen, habe ich diese Ornamente auf Textil mit chinesischer Tusche gemalt.
 
Wenn man etwas Neues kreieren will, müsste man zu den Wurzeln des Materials zurückkehren und nicht endlos auf die Geschichte der Verarbeitung hinweisen, so lautet die allererste Empfehlung, die meinen Schülern meinerseits bekommen. Um die Limits der Bambusverarbeitung zu entdecken, wurden die Bambussegmenten für die Installation „levitierte Bambus“ nach dem folgenden Kriterium gesägt: der Rand jeden Segments sollte auf einer Seite am dünnsten und auf der anderen am dicksten sein. 
 
So erhielt man den vollen Zugang zum Bambusinneren und deckte symbolisch alles auf, was sich darin versteckt.  Die zum Schluss hängende Installation musste mit ihrer Umgebung in festem Zusammenhang stehen, um das florale Muster der Bedeckung auf dem Boden reden lassen zu können. Infolgedessen ist jede Präsentation von ihrer Umgebung abhängig, die man jedes andere Mal in Erwägung wird ziehen müssen.
 
Das florale Muster auf den Kacheln spielt auch die wichtigste Rolle im hinteren Zimmer mit dem Spiegel. Wie kann man die Aufmerksamkeit der Besucher auf das Muster direkt unter unseren Füßen lenken?  Diese Frage stellt sich die Spiegelinstallation „Look down, moon is rising!“, die daneben noch darauf hinweist, dass die Spiegelung selbst nur der Weg zur Quelle ist.

„Tickle Sense“ 27.5 – 18.06.2023

AIR 03.04.-24.06.2023

Künstlerprofil auf der offiziellen Website des Taipei Artist Village

Let it Burn

porzelan Vasen, unterschiedliche Größen 2022/2023

Meine Vasen haben Schichten, Zwiebeln haben Schichten. Meine Vasen sind als Zwiebel.

Immer wenn ich vor der Vitrine im Wohnzimmer saß, versuchte ich herauszufinden, wo die Zwiebeln auf dem Zwiebelmusterdekor sind. Sorgfältig arrangierter Inhalt der Vitrine, die oft mindestens eine Zwiebelmustertasse enthielt, konnte in meiner Familie zu einer Quasi-Ädikula verglichen werden. Auf keinen Fall anfassen oder noch schlimmer benutzen! Ohne Rücksicht darauf, dass diese Produkte so hergestellt wurden, um täglich berührt und angenehm verwendet zu werden, hat man sie sowieso als unberührbar und nur mit Abstand anschaubar betrachtet.

 Infolgedessen, dass die „Let it Burn“-Vasen nicht für angenehme tägliche Benutzung geeignet sind, dienen sie jetzt als freie Skulpturen zum Spekulieren und Meditieren.

Um diese Ziele zu erreichen, wurde Kobalt, das das charakteristische Blau des Zwiebelmusters macht, auf die Papierblätter aufgetragen, die dann mit verschiedenen Techniken zerknittert und dann ins Porzellan eingetaucht wurden. Während des Brennvorgangs ist das Papier niedergebrannt, um viele zarte Schichten zu hinterlassen. So sind diese von Zwiebeln inspirierte Vasen entstanden.

Siderity

bewegliche und statische Objekte, verschiedene Größen 2022

Es ist so beruhigend, ärgerlich ein Blatt Papier zu zerknittern und zu verwerfen. In den Papierkorb oder zur existierenden Papiergemeinschaft in seiner Umgebung.

Manchmal wird diese Gemeinschaft wie eine Horde zerquetschter Bälle scheinen, voller Frustration und Aggressivität von gescheiterter Arbeit. Könnte diese Horde eine gedankliche Säule sein, auf welcher das finale Ergebnis steht, das uns die gewünschten Früchte ernten lässt.

Der unvermeidliche Abfall, eine Mischung von Wut, Zerstörung und notwendigem Schmerz, aus dem jedoch alle schöpferische Tätigkeit, nicht nur die menschliche, hervorgeht.

Die Objekte unter dem Titel „Siderity“ wurde von Papier hergestellt, welches mit mehreren Graphitschichten überzogen wurde, bis die weiße Oberfläche des Papiers zu einer metallähnlichen Bedeckung wurde. Dadurch durchlief das Papier eine gewisse visuelle Verwandlung von einem weichen und verformbaren Material zu einem harten Quasimetall. Mit Hilfe meines Körpers und meiner Hände wurde das Papier gewaltsam zu einer Kugel aus zerknülltem Papier zusammengepresst.

The group of thoughtless

Porzellan Vasen 2021/2022

„The Group of Thoughtless“ ist eine Vasenkollektion, von denen jede aus einem Schokoladen-Weihnachtsmann hergestellt wurde, der dann in eine Porzellanfigur transformiert wurde, der ich am Ende vor dem Brennen den Kopf abgebissen habe.

Bei der Schoko-Figur lockt uns der erste Biss, womit wir unsere Neugier befriedigen können, weil wir drinnen eine Überraschung z. B. im Sinne einer Füllung erwarten. Dadurch, dass ich jeder Figur den Kopf abbissen habe, habe ich sie zwar beschädigt, aber gleichzeitig wurde Zugang zu der Höhle innerhalb der Figur erhalten, die in Form einer Vase eine bestimmte Funktion erfüllen kann.

Hat also dieser zerstörerische Akt etwas Neues – und vielleicht sogar Nützlicheres – entstehen lassen?

 

Lost in the structure

Zeichnung 200 x 100 x 10cm  2021

Falls Papier geknittert ist, gewinnt oder verliert die Zeichnung ihren Wert? Kritzeln, Kritzeleien oder auch Zerknüllen des Papiers sind emotional geprägte Tätigkeiten, die uns helfen können, mit unseren turbulenten Gefühlen irgendwie umzugehen.

In der Regel widerspiegelt das Kinderkritzeln Freude und Kreativität, bei Erwachsenen geht es im Gegensatz um eine Erscheinung, die genauso gut wie das Kopfabbeißen als eine Art der Obsession bezeichnet werden kann. Kritzeln und knittern des Papiers zerstören dann zu einem gewissen Ausmaß einige der festgelegten Mechanismen unseres Denkens.

Und dieser Auftritt gegen die etablierte Norm, weder zu kritzeln noch zu knittern, dient genau dazu, unsere turbulenten Emotionen zu schwächen. Ein Haufen zerknüllter Papierknäuel, die für uns keinen Wert mehr haben, kann uns an die Unzufriedenheit mit der Qualität unserer Arbeit erinnern. Ein Kokon von Taschentüchern oder ein Beleg in der Hosentasche erinnert uns weiter an die Angst oder Langeweile, die wir durch beruhigenden Wickel versucht haben, zu unterdrücken.

Bei den „Lost In the Structure“-Zeichnungen, die wie eine zerknitterte Kritzelei aussehen mögen, führte dieses zerstörerische Zerknüllen dazu, dass sich das Papier unter der Zeichnung gewölbt hat, was ihr eine weitere physische Dimension verliehen hat. 

Be in touch

Papier Collage 180 x 100 x 15cm 2020/2021

Die Transformation durch das Knittern, Zerknüllen und Wickeln ist weiter in Be In Touch verwendet. Hier habe ich die Transformationsmöglichkeiten des Seidenpapiers benutz, um Klumpen unterschiedlicher Strukturen zu schaffen. Diese sollen die Kunstinteressierten nicht nur visuell, sondern auch haptisch überfordern, damit sie in ihre eigene Komplexität verschlungen werden.

 

Sediments Kollektion

2017- derzeit

Sie kennen bestimmt dieses Szenario: Sie packen ein Paket ein und es passiert, dass Sie das Klebeband auf der Klebseite berühren.  Ihr Fingerabdruck bleibt dort für immer als DNA-Stempel. Es bleibt dort, bis das Band nicht ganz zerstört wird.

Falls ich mit baren Händen ein Klebeband berühre, lasse ich auf der Oberfläche einen Abdruck von mikroskopischen Hautzellen. Die gleiche Situation wiederholt sich, wenn ich ungehobeltes Holz anfasse, bekomme ich bestimmt einen Splitter. Möglicherweise wird mein Körper infiziert, falls ich in einer infizierten Umgebung atmen werde. Auch beim Ausatmen werden die Pathogene zurück in den Raum ausgebreitet. Infolgedessen sind unsere Körper nicht mehr von ihrer Umwelt separiert, sondern die Körper sind Teil der Umwelt und die Umwelt ist Teil von ihnen. Gleiches gilt auch für die Objekte selbst. 

Wie Ruba Kathrib in ihrem Essay„Materials, Talking and Walking: Pakui Hardware“ feststellt, dieser gemeinsame Abdruck und nachherige Transformation mikroskopischer Schichten des Materials bedeuten, dass die Materialien ihre Partikeln miteinander teilen und so sich in etwas Neues transformieren. Nach der Berührung wird ein Objekt oder Mensch von der stofflichen Seite nie mehr gleich wie vorher sein. Diese inspirative These gilt als Ausgangspunkt meiner Aufzeichnungen von Berührung durch ein Kleberband und eine Graphitschicht, als Zeichnung benannt. Bei meinem Langzeitprojekt namens Sedimente habe ich versucht, zweidimensionalen Zeichnungen nach dem Vorbild des Möbiusbands die dritte Dimension zu verleihen.

Das Möbiusband ist ein mathematisches Phänomen, bei dem eine zweidimensionale Fläche durch Biegung dreidimensional wird, während sie nur aus einer Seite und einem Rand besteht.

Das Ziel der Sedimente war es daher, die These von Ruba Kathrib mit einem mathematischen Konzept so zu verbinden, dass die Fläche die dritte Dimension betritt. Aus diesem Grund wird das Band mit dem Zeichnungsabdruck über die Rahmen oder Konstruktionen angespannt, die eine Ebene formieren. Je nach denen erhaltet dann die Zeichnung die feste Form.

Hausfraukunst

Zeichnungen auf dem Thermopapier 2019/2020

Falls ich mit baren Händen eine heiße Pfanne anfasse, höchstwahrscheinlich verbrenne ich mich und die Wunde wird mich an diesen unangenehmen Unfall sehr lange erinnern, bis sie verschwindet. Die Werke Hausfraukunst werden mit dem heißen Kochgeschirr im Sinne des Pinsels hergestellt. Durch Berühren und Streichen z.B. der heißen Pfanne über thermosensitives Papier habe ich ein unstabiles Bild gemalt. Die Besonderheit des Thermopapiers liegt darin, dass die Aufzeichnung nicht dauerhaft ist, infolgedessen werden die Zeichnungen allmählich verblassen, bis auf dem Papier keine Erinnerung an die Zeichnung mehr bleibt.

Diese Thermozeichnungen spiegeln für mich die Metapher der Sisyphusarbeit im Haushalt wider. Sie kennen bestimmt dieses unendliche Hausarbeitsszenario: sobald Sie fertig sind, können Sie sofort erneut anfangen. „As soon as you finish, it begins again“ beschrieb Ori Levin die Hausarbeit, die sie mit Videoaufnahmen im Ausstellungsraum verglich. Die Verbindung zwischen denen sieht sie in der Endlosschleife.

Bei diesen Kunstwerken muss man akzeptieren, dass es im Vergleich zur Reinigung unmöglich ist, die Zeichnung auf irgendeine Weise zu erhalten oder ihren ursprünglichen Zustand zu bewahren.

Space between

Farbe, Leinwand, Keilrahnen 2017/2018

Wie kann man das Ende eines dunklen Korridors erreichen, ohne zu wissen, wohin er führt? Angst, die man überwinden muss, bevor man die Tür ins Unbekannte aufmacht. In die Welt der Fantasie, in eine andere Dimension, eine nächste Realität, oder kehrt man in den Ausgangspunkt zurück? Und ist es wirklich möglich, zurückzukehren, wenn man mit jeder neuen Lebenserfahrung nicht mehr der ist, der man einmal war?

Die Kollektion „Space between“ basiert auf einer Kriechröhre, einem typischen Spielplatzgerät. Schwarzer Stoff, der an zwei Ringen an beiden Enden befestigt ist und einen Tunnel ins Unbekannte bildet.

Der Tunnel konnte gerade oder gekrümmt sein, und wenn er sich verknotete, auch unpassierbar. Seit meiner Kindheit hat mich fasziniert, die Welt hinter einer imaginären Wand oder einem Hindernis zu entdecken. Diese Faszination diente als Einbildungskraft für diese Kollektion. Aus diesem Grund wurde die Kombination von Keilrahmen und Leinwänden benutzt, ungewöhnlich für Malerei. Im übertragenen Sinne kommt hier die Symbolik der Malerei als „Fenster in eine andere Realität“ zum Ausdruck, mit dem Unterschied, dass das Fenster eine weitere physische Dimension hat.

Wie kann man neue Möglichkeiten entdecken, wenn man sich nicht traut, durch den dunklen Tunnel zu gehen?

 

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